Hütet Euch, wenn jemand vom Aorivolk Euch zu einem ihrer Feste einläd! Denn drei Gründe können sie zu solch einer Einladung veranlassen:
1.) Ihr habt etwas getan oder gesagt, was sie beleidigt oder verärgert hat
2.) sie wollen Euch auf die Probe stellen
3.) sie möchten Euch für etwas belohnen, was Ihr für sie getan habt
Keiner der genannten Gründe macht die Teilnahme an einem Festbankett der Aori weniger gefährlich. Einerseits zieht eine Ablehnung solch einer Einladung den Zorn der Aori nach sich, und es sollte Euch nicht wundern, wenn Ihr danach von allen Aori Daarons verachtet werdet (und die Aori haben wirklich die gemeinsten Ideen, um Euch ihre Verachtung zu zeigen) – denn sowas spricht sich rum, und die Aori fühlen sich gekränkt, wenn man ihre Einladungen ausschlägt. Nehmt Ihr die Einladung an, weigert Euch dann aber, von ihren Speisen zu kosten, werdet Ihr aus dem Wald, den die Aori bewohnen, für immer verbannt und sie würden Euch angreifen, sollten sie Euch noch einmal innerhalb ihres Territoriums begegnen.
Aber nun zum eigentlichen Grund, warum die ganze Sache so gefährlich ist – und warum man sich veranlasst sehen könnte, eine Verbannung vorzuziehen:
Die Aori sind mit einem extrem überdurchschnittlichen Sinn für die Unterscheidung von Farben ausgestattet. Aus diesem Grund und weil sie Spaß an Spielereien haben, entwickelte sich eine Tradition, die die Aori veranlasste, neben den bekömmlichen und wirklich wohlschmeckenden Speisen auch hochgiftige Essenzen auf den Tisch zu bringen. Da sie alle Speisen in Form von klaren Flüssigkeiten servieren, die sich weder in Konsistenz noch im Geruch unterscheiden, sind die giftigen Essenzen nur aufgrund ihrer Farbe erkennbar – der Geschmack, so würzig und mannigfaltig er auch ist, entfaltet sich erst auf der Zunge.
Die giftigen Essenzen sind wahllos unter den essbaren Essenzen verteilt, damit die Tafelgäste ihr Essen sorgfältig auswählen und nicht gierig zugreifen und alles herunterschlingen, was sie in die Finger bekommen. Für die Aori ist dies ein Spiel und Esskultur zugleich.
Vor jedem Bankett wird angekündigt, welchen Farbton die giftigen Essenzen haben. Diese werden in etwa folgendermaßen benannt:“Einzweitausendfünfhundertsechzentel Farndunkelgelbhalbschwarz zu drei Teilen gebläut und zweihundertfünffach aufgehellt“. Die Aori kleiden dies natürlich in kunstvollere Worte und machen gern noch einen kecken Reim daraus.
Sitzt nun aber ein menschlicher Gast an ihrer Tafel, wird er giftige Essenzen nicht von ungiftigen Speisen unterscheiden können – und die Ankündigung vom Beginn des Banketts bringt ihm nicht das Geringste, da er kaum mehr als die Grund-Farbtöne wird erkennen können. Den Aori macht das überhaupt nichts aus, sie tuscheln und flüstern und schließen scherzhaft Wetten ab, ob der Mensch es schafft… egal ob Freund oder Feind.
Der Mensch kann auch nicht aus dem selben Topf essen wie einer der Aori, denn die Essenzen sind in winzig kleinen Gefäßen auf dem Tisch verteilt, die etwa die Größe von Fingerhüten haben. Einen seltsamen Humor haben diese Geschöpfe. Sie selbst können problemlos über achthundert Varianten jeder Farbe unterscheiden, die das menschliche Auge erkennen kann.
Es gibt gewiss Tricks, sorglos an diesem Spiel teilnehmen zu können. Die Waldläufer jedenfalls haben einen Weg gefunden, die Speisen der Aori genießen zu können, ohne Gefahr zu laufen, sich zu vergiften. Vielleicht ein Glücks-Elixier, das sie immer zu ungiftigen Essenzen greifen lässt? Wer weiß… es bleibt ihr Geheimnis.
Das Gift, das die Aori brauen, wirkt sich immer unterschiedlich aus, einige haben die Wirkung, dass das Opfer sich beispielsweise in ein Tier oder in einen Stein verwandelt, andere lassen das Opfer so leicht werden, dass es zu schweben beginnt… unheimlich komisch. Jeder Giftmischer würde die Aori um ihre Kunst beneiden, auch wenn selbst sie nie genau wissen, was das Gift bewirkt. Und es bleibt ihr Geheimnis, woraus und wie sie ihre giftigen Essenzen herstellen – den wenigsten Bewohnern Rabérions ist überhaupt bekannt, wie grausam Aori in dieser Hinsicht sein können. Die Aori werden immer noch in allen Geschichten als liebenswert, offen, freundlich und stets hilfsbereit beschrieben; das mag auch meist zutreffen, dennoch solltet Ihr Euch in Acht nehmen, wenn Ihr einen vom Elfenvolk antrefft.