Politik

Von der Wahl zum König

 

Es ist nicht einfach, König des Menschenreiches Berliar zu werden. Krone und Thron werden nicht einfach vererbt oder mit dem Schwert erkämpft. Eine wichtige Rolle hierbei spielt der Rat, der aus ehemaligen Königen und gelehrten Frauen und Mitgliedern unterschiedlicher Gilden und gesellschaftlichen Schichten besteht.
Als König bewerben kann sich jeder – ob arm oder reich, alt oder jung, Frau oder Mann. Einhundert Kandidaten werden zu jeder Wahl angenommen. Hier gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Die Bewerber müssen in Berlion unterschiedliche Aufgaben lösen, die bei jeder Wahl anders sind – mal sind es Aufgaben, die man mit dem Verstand lösen muss, ein andermal sind es Geschicklichkeitsaufgaben, die einen trainierten Körper verlangen, oder eben die Gewitztheit, die Aufgabe auf andere Weise zu lösen als die, welche offensichtlich ist. Es gibt eine Art Aufgaben-Parcours, und wenn die Kandidaten diesen durchlaufen haben, sind am Ende für gewöhnlich noch fünf übrig, die um die Entscheidung ringen. Das Volk Berliars hat die Möglichkeit, den gesamten „Wahlgang“ zu beobachten, um zu sehen, wie die Kandidaten sich anstellen. Hierbei werden auch Wetten abgeschlossen.

 

Nun wird es interessant: Die fünf übrigen Kandidaten werden zu einem großen Platz geleitet (wo auch Pranger und Galgen stehen und sonst das Vieh verkauft wird) und dort an einen Lügnichtapparat mit Stimmenverstärker, eine Erfindung der Gromlins, gekettet. Der Apparat bewirkt, dass sie nur die Wahrheit sagen können und dass ihre Stimme laut und verständlich genug ist, dass das anwesende Volk auch in den hintersten Reihen versteht, was die Kandidaten zu sagen haben. Dann müssen sie nacheinander erzählen, warum ausgerechnet sie König werden wollen und was sie mit dem Land vorhaben, was sie verbessern wollen und um was sie sich zuerst kümmern werden. Vor allem müssen sie aber auch Fragen beantworten, die direkt von dem anwesenden Volk gestellt werden können. Oft gibt es hier auch Scherzkekse, die dann peinliche Fragen stellen, die überhaupt nichts mit Politik zu tun haben… nun, Ihr wisst sicher, was ich meine. Doch auf dieses Risiko müssen sich die Kandidaten einlassen, wenn sie es zum König bringen wollen. Nachdem diese Frage- und Antwortrunde abgeschlossen ist, fasst der Rat, der alles beaufsichtigt, die wichtigsten Dinge noch einmal zusammen und bittet das Volk dann zur Wahl zu schreiten. Wahlberechtigt sind alle anwesenden Bürger und Bauern ab einem Alter von zehn Jahren.

 

Nacheinander verlassen die Wähler den Platz in Richtung eines Gebäudekomplexes, der zu der Allgemeinmagischen Akademie zu Berlion gehört. Einzeln betreten sie hintereinander den großen Saal, in dem die Wahlwaage steht. Dies ist ein gigantisches und kompliziertes Instrument, entworfen von Magiern und Gromlins. Der Wähler erhält am Eingang zum Saal vom Rat ein Gewicht, welches für seine Stimme steht, und wirft es in einen der fünf Waagschalenbehälter, (wo es für die Augen des Betrachters dann nicht mehr sichtbar ist) über denen jeweils die Portraits der Königskandidaten angebracht sind. Die Gewichte sind alle gleich schwer und sind durch diverse Zauber davor geschützt, gefälscht oder im Gewicht verändert zu werden. So wurde Betrug bisher erfolgreich vermieden. Am Ausgang, am anderen Ende dieses Saals, bekommt der Wähler ein magisches Mal auf die Stirn gezaubert, welches verhindert, dass er am selben Tag nochmal wählen gehen kann.

 

Wenn alle (meist 1000 Menschen oder weniger) ihre Stimme abgegeben haben, wird der Saal geschlossen und der Rat setzt den Mechanismus der Waage in Gang. An einer Tafel an der Außenwand des Gebäudes werden dann die Ergebnisse anhand eines Vocimeters direkt angezeigt, auch hier wieder mit den Portraits der Kandidaten versehen. Der Rat beobachtet und kommentiert, solange sich die Waage einpendelt, bis dann das Ergebnis nach einigen Momenten feststeht.

 

Nun ist er gewählt, der neue König. Nachdem er vor versammeltem Volke einen Eid geschworen hat, dass er bestimmte Gesetze wie das der Wahl nicht ändern werde, wird er für zehn Jahre im Amt sein und in der Schutzburg Berlions wohnen dürfen. Wenn er aber vorher sterben oder den Eid brechen sollte, so regiert und entscheidet der Rat, solange bis durch erneute Wahl ein neuer König gefunden ist. Zu seiner Unterstützung darf der König auch einen Berater haben, der die Akademie der Politik, Geschichte und Völkerkunde besucht und das Studium innerhalb von drei Jahren abgeschlossen hat. Jährlich sind das maximal fünfzig, diejenigen unter ihnen, die sich um das Amt bewerben oder die der neue König ausgewählt hat, werden wenige Tage nach der Wahl des Königs ebenfalls an den Lügnicht-Apparat angeschlossen, dann entscheidet der König gemeinsam mit dem Rat, wer ihn in Zukunft beraten darf (die Stimme des Königs zählt hierbei 30 %). Es ist Pflicht des Königs, im Falle eines Krieges den er beispielsweise angefangen oder selbst verschuldet hat, persönlich mit in die Schlacht zu reiten.

 

Dieses Wahlsystem ist noch relativ jung, es wurde von Frauen des Rates ausgearbeitet, die vorausschauend Kriege vermeiden und Diplomatie fördern wollten.